HIV und das Immunsystem: Angriff auf die Schaltzentrale unserer Abwehr

HIV

Im Jahr 1981 trat der später als das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) bekannte Erreger erstmals auf. Seitdem sind Millionen Menschen in Folge der Infektion gestorben. Heutzutage ist das Virus durch Medikamente besser beherrschbar und hat zumindest in Europa etwas an Schrecken verloren. Jedoch ist die daraus entstehende Krankheit AIDS nach wie vor nicht heilbar und das Leben mit einer Infektion nicht einfach. Nach Angaben der WHO lebten Ende 2018 weltweit 37,9 Millionen Menschen mit HIV. Davon erhielten 62% eine antivirale Behandlung. 770.000 Menschen starben in dem Jahr infolge der Infektion.

In diesem Beitrag erläutern wir, was HIV ist, wie es übertragen wird, welche Symptomatik es mit sich bringt, wie es das Immunsystem beeinträchtigt und so schwere Erkrankungen verursachen kann. Zuletzt zeigen wir Behandlungsansätze auf und erklären, warum auch die Mikroimmuntherapie möglicherweise eine zusätzliche Hilfe dabei sein kann.

Was ist HIV? Was ist AIDS?

Das Humane Immunschwächevirus ist ein Retrovirus, welches das Immunsystem schwächt. Retroviren bestehen aus einer Ribonukleinsäure (RNS) und einer diese umgebende Proteinhülle. Sie speichern ihre Erbinformationen in der RNS und übertragen diese in das Erbgut ihres Wirtes. Insgesamt existieren sieben Gattungen von Retroviren. Das HI-Virus gehört zur Gruppe der sehr komplexen Lentiviren, die Immundefizienz- und neurologische Erkrankungen verursachen.

Unbehandelt führt die Infektion zum sogenannten Acquired Immune Deficiency Syndrome (erworbenes Immunschwächesyndrom), kurz AIDS. AIDS stellt eine Gruppe von Erkrankungen dar, die Folge einer durch das HI-Virus verursachten Immunstörung sind.

Wie wird HIV übertragen und wie schützt man sich davor?                                  

HIV ist nur relativ schwer zu übertragen und der Schutz davor ist sehr gut möglich, sodass im Alltag, z. B. in Bus und Bahn, im Büro oder beim Einkaufen keine Infektionsgefahr besteht. Auch beim Küssen, beim Händeschütteln, beim Benutzen derselben Toilette oder beim Anhusten kann keine Übertragung stattfinden. Um sich zu infizieren muss über Körperflüssigkeiten wie Blut, Samenflüssigkeit und vaginale Sekrete oder Muttermilch eine ausreichende Menge an Viren in den Körper gelangen. Das höchste Risiko einer Infektion besteht demnach beim (ungeschützten) Geschlechtsverkehr, beim Drogenkonsum durch die gemeinsame Nutzung von Nadeln sowie während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder beim Stillen. Zusätzlich ist das Risiko erhöht, wenn sich in der übertragenen Körperflüssigkeit viele Viren befinden. Dies ist in den ersten vier Wochen nach Ansteckung der Fall, denn in dieser Phase vermehrt sich das Virus besonders stark. Da die Betroffenen zunächst in der Regel noch nichts von ihrer Infektion wissen, finden in dieser Zeit die meisten Übertragungen statt.

Man kann sich jedoch gut vor HIV schützen. Beim Geschlechtsverkehr mit Personen, deren Infektions-Status man nicht kennt, sollte immer ein Kondom oder Femidom genutzt werden. Auch um eine Übertragung von einer infizierten Mutter auf ihr Kind in der Schwangerschaft, der Geburt oder beim Stillen zu verhindern, gibt es verschiedene medikamentöse und andere Maßnahmen.

Laut WHO weisen vor allem folgende Gruppen ein erhöhtes Infektionsrisiko auf: homosexuelle Männer, Menschen, die sich Drogen injizieren, Gefängnisinsassen, Sex-Arbeiter und deren Kunden, Transgender-Menschen.

Diagnose, Symptome und Verlauf

Die HIV-Diagnose kann nur durch spezielle Tests in medizinischen Einrichtungen sichergestellt werden. Bei den Tests wird das Blut auf Antikörper gegen das Virus untersucht. Eine frühzeitige Feststellung ist von großer Bedeutung, um rechtzeitig mit der Therapie zu beginnen und somit die Prognose zu verbessern. Zudem verringert sich so die Gefahr einer Weitergabe des Virus.

Die Krankheitsanzeichen können sich von Mensch zu Mensch unterscheiden, wobei die Merkmale sehr unspezifisch sind. Auch das Stadium der Infektion beeinflusst die auftretenden Symptome. In der ersten Phase unmittelbar nach der Ansteckung können grippeähnliche Beschwerden wie Fieber und Nachtschweiß, Abgeschlagenheit, Halsschmerzen oder Lymphknotenschwellung auftreten, die jedoch nach kurzer Zeit wieder verschwinden. Bei anderen Betroffenen zeigen sich dagegen zu diesem Zeitpunkt keine Symptome. Nach dieser ersten Phase gibt es eine lange beschwerdefreie Zeit, in der das Virus jedoch das Immunsystem kontinuierlich schwächt. Erst in den fortgeschrittenen Stadien der Infektion treten weitere Symptome wie Gewichtsverlust, Fieber, Durchfall und Husten in Erscheinung. Unbehandelt führt die Infektion zu AIDS in dessen Folge es dann zu schweren Erkrankungen wie Tuberkulose, Kryptokokkose, schwersten bakteriellen Infektionen und bestimmten Krebsarten kommt. Dies kann etwa zwischen zwei und 15 Jahre nach der Ansteckung passieren.

Auswirkungen auf das Immunsystem

Das Immunsystem ist der Wächter unserer Gesundheit. Dabei handelt es sich um ein hochkomplexes Netzwerk, in dem Zellen, Organe und Systeme miteinander interagieren. Durch diese Kommunikation ist unser Körper in der Lage, sich gegen potenzielle Angreifer zu schützen. Dieses komplexe Netzwerk muss koordiniert werden. In unserem Körper übernehmen die T-Helferzellen (auch T-Helfer-Lymphozyten oder CD4 T-Lymphozyten) diese Aufgabe. 

Um sich zu vermehren, befällt das HI-Virus nun ausgerechnet diese Zellen des Immunsystems. Denn sie tragen auf ihrer Oberfläche das Protein CD4, welches eine Andockstelle für das Virus darstellt. Nach einer Ansteckung entgeht das Virus weitgehend der Entdeckung durch die Abwehrzellen des angeboren Immunsystems, z. B. Makrophagen und dendritische Zellen. In den ersten Tagen vermehrt sich das Virus daher rasch in den T-Helfer-Lymphozyten und breitet sich im Gewebe aus. Dadurch richtet es bereits in dieser frühen Phase einen beträchtlichen Schaden an. Die Virenlast steigt stark an und bringt einen systemischen Zytokinsturm, einschließlich Typ-1-Interferon, mit sich.

Das HI-Virus zerstört in der Folge die T-Helferzellen oder beeinträchtigt deren Funktionen und bringt dadurch das Überwachungs- und Schutzsystem des Körpers aus dem Gleichgewicht. Die Zahl der CD4-Zellen nimmt bei Personen, die dem Virus über einen langen Zeitraum (chronische Infektion) ausgesetzt sind, deutlich ab. Das Immunsystem ist dadurch nicht mehr in der Lage, Krankheitserreger wirksam zu bekämpfen, was das Auftreten von opportunistischen Infektionen (Tuberkulose, Candidose, etc.) und onkologischen Prozessen begünstigt.

Therapiemöglichkeiten

In vielen Fällen kann durch antiretrovirale Arzneimittel das Fortschreiten der Infektion durch die Unterdrückung der Virusvermehrung kontrolliert werden. Heute stehen mehr als 20 verschiedene Wirkstoffe dieser Arznei zur Verfügung. Je eher die Behandlung begonnen und konsequent fortgeführt wird, desto positiver ist die Prognose. Diese Therapien können das Virus jedoch nicht aus dem Körper entfernen, sodass einmal Infizierte ihr Leben lang das Virus in sich tragen.

Die Mikroimmuntherapie kann als Ergänzung zu diesem Standardvorgehen in das Behandlungskonzept integriert werden. Ziel ist hier – ähnlich wie bei anderen viralen Infektionen – das Immunsystem in der Auseinandersetzung mit dem HI-Virus zu unterstützen, um dessen Vermehrung zu unterbinden und die antivirale Immunantwort zu stärken. Darüber hinaus ist es wichtig, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten und Alkohol- sowie Tabakkonsum zu vermeiden. Sport und ausreichend Schlaf können sich auch positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken.

Exkurs: Zur Entdeckung von HIV und AIDS

Anfang der 1980er Jahre, genau gesagt im Sommer 1981, taucht das HIV erstmals auf – ohne dass man zu diesem Zeitpunkt wusste, dass es sich um ein Virus handelte. In dieser Zeit traten in den USA verschiedene äußerst seltene Erkrankungen, die sonst nur bei immunschwachen Menschen vorkamen, ungewöhnlich häufig auf. Dies ließ Mediziner der amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC aufhorchen. Es wurde klar, dass es sich um eine neue Krankheit, einen Immundefekt, handeln musste. Seit dem Sommer 1982 hat dieser Defekt den Namen „Acquired Immune Deficiency Syndrome“. Im gleichen Jahr trat die Krankheit nun bereits in 14 Ländern auf. Erste Vermutungen kamen auf, dass ein bestimmtes Virus den Immundefekt auslöste.

Mitte der 1980er gelang es zwei Forschern das Virus zu isolieren: erst dem Franzosen Charlie Dauguet und kurz darauf dem Amerikaner Robert Gallo. Zunächst benannte jeder das Virus anders, 1986 einigten sie sich dann auf den endgültigen Namen: Humanes Immunschwächevirus – HIV. Daraufhin herrschte großer Optimismus, dass auch bald ein Medikament gefunden werden würde. Dem war jedoch nicht so.

In dieser Zeit herrschte große Unsicherheit darüber, wie das Virus übertragen wird. Anfänglich wurde angenommen, dass nur Homosexuelle davon betroffen sind. Jedoch zeigte sich rasch, dass es jeden treffen kann. Ende 1990 waren Schätzungen zufolge etwa acht Millionen Menschen infiziert. Mitte der 1990er Jahre begann der Forscher David Ho mit ersten Kombinationstherapien, die die Erkrankung zwar nicht heilen konnten, aber das Leben mit HIV deutlich vereinfachten.

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